Die Überreste der gescheiterten Idee des jugoslawischen Sozialismus finden sich über weite Teile Sloweniens, Kroatiens, Serbiens, Bosnien und Herzegowinas, Albaniens, Nordmazedoniens und des Kosovo verteilt. Die Motivation zur Auseinandersetzung mit der Thematik stammt aus der spannenden Kombination aus Formen-sprache und geschichtlichem Hintergrund des Gebäudes, sowie aus der Frage nach dem Umgang mit der Architektur vergangener Olympischer Spiele. Die Geschichte der Stadt Sarajevo steht hierbei exemplarisch für die des ehemaligen Jugoslawiens. Einflüsse aus Zeiten der osmanischen Stadtgründung, der Habsburger Herrschaft, des sozialistischen Staates Jugoslawien und dessen Zerfalls sind noch heute klar am Stadtefüge und der Architektur abzulesen.

Hotel Igman

Gelegen auf dem gleichnamigen Berg-massiv 30 Autominuten südwestlich von Sarajevo, auf dem Plateau Veliko Polje und in direkter Nachbarschaft zu den Skisprungschanzen bei Malo Polje sowie der Langlaufloipen und des Biathlon-Schießstandes, wurde das Hotel Igman 1983 vom bosnischen Architekt Ahmed Dzuvic entworfen. Für die Dauer der Spiele fungierte es als olimpijsko selo B (Olympisches Dorf Teil B) und damit als Unterkunft für die Athleten der nordischen Disziplinen. Nach dem Ende der Spiele sollte es entsprechend der Wintersport-Ambitionen Bosniens als Hotel weitergenutzt werden.

Nutzungskonzept

Im Rahmen des Entwurfes wird die Bestandsruine entkernt, erweitert und neu ausgebaut und dient fortan als Zentrum des neu geschaffenen Nationalpark Igman-Bjelašnica. Die Nutzung des Komplexes setzt sich aus drei Kernsphären zusammen: Der neu-geschaffene Nationalpark Igman-Bjelašnica, der mit Verwaltung, Museum und Workshopflächen zum einen Jobs für die lokale Bevölkerung schafft, darüber hinaus identitätsstiftend für die gesamte Region wirkt und gleichzeitig ein niederschwelliges Bildungsangebot in Bezug auf Natur und die Geschichte des Ortes schafft. Die 2. Sphäre, Naherholung, soll über ein Hotel und Restaurantangebot zum Verweilen einladen. Ob man auf der Suche nach Aktivurlaub mit Mountainbiking und Hiking, oder nur nach einer kurzen Flucht aus der Stadt ist – das Hotel Igman und der Nationalpark Igman-Bjelašnica sind das optimale Ziel. Um Nationalpark und Hotel wirtschaftlich zu unterstützen und um die olympische Geschichte fortzuschreiben, wird außerdem als dritte Sphäre ein Leistungssportzentrum geschaffen. Die Nähe zu Skipisten, dem Fernwanderwegenetz Terra Dinarica, das sich von Triest bis Albanien erstreckt und die Lage des Hotels auf 1300 m. ü. NN, sowie die neu geschaffenen Sportanlagen im Neubau bieten ideale Voraussetzungen für Trainingseinheiten – egal ob Hobby- oder Profisportler. Die Außenanlagen bleiben klar landschaftlich geprägt. Der Bestandsbau und die Hallenkörper des Neubaus erheben sich aus dem Hang und stehen symbolhaft mit einem Naturlehrpfad, Außensportanlagen und einem Nutz- und Kräutergarten für die unterschiedlichen Nutzungszonen des Nationalparks. Insgesamt muss festgehalten werden, dass die drei Sphären sich durch synergetische Effekte gegenseitig begünstigen und nicht nebeneinander, sondern ineinander verschränkt existieren.

Umsetzungsphasen

Analog zu den drei Nutzungssphären soll es drei Umsetzungsphasen geben:
Im 1. Schritt soll Publikumsverkehr generiert und die äußere Gestalt des Bestandes so weit wie möglich geschärft werden. Dazu werden zunächst Nebenbauten abgebrochen und die Erweiterung in Fertigteilbauweise errichtet – auf der Ebene des Nationalparks werden die Grenzen für die einzelnen Zonen festgelegt. Danach wird der Bestand schrittweise gesichert und temporären Nutzungen übergeben, um die Geschichte des Ortes erlebbar zu machen. Das Nationalparkteam sollte an dieser Stelle mit Anwohnern und Interessierten in Dialog treten, um die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung zu gewährleisten und mögliche Konfliktstellen frühzeitig erkennen zu können. Im dritten und letzten Schritt wird der Bestand peu a peu von lokalen Handwerksbetrieben ausgebaut und Nationalparkzentrum sowie Hotel nehmen den Betrieb auf. Im Nationalpark beginnt nun die Bestandsaufnahme und die Zonierung wird fortschreitend evaluiert.

Olympic Legacy Fast Forward

Von Olympischer Legacy zum Nationalpark - Die Revitalisierung eines Hotels nahe Sarajevo

eigene Masterarbeit bei Entwerfen Konstruieren, Ludwig Wappner

Sommersemester 2019